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Von Hernando de Soto
FRANKFURTER RUNDSCHAU / GERMANY – 08/04/2009
Die Obama-Regierung hat endlich eine Strategie entwickelt, um die eigentliche Ursache der Kreditkrise in den Griff zu bekommen - die berüchtigten "toxischen Wertpapiere", vor denen Investoren und Kreditnehmer zurückschrecken, wodurch die Kreditmärkte in der ganzen Welt blockiert werden.
Die derzeitige Krise - innerhalb von 15 Monaten ein Verlust auf Papier von mehr als 50 Billionen Dollar in Aktien, Immobilien, Rohstoffen und Betriebseinnahmen - kann man nicht mit den zweitklassigen Hypotheken-Kredite erklären, die mit sieben Prozent und schätzungsweise nicht mehr als einer Billion Dollar lediglich der Auslöser waren. Das eigentliche Problem besteht in dem Mangel an Vertrauen in die Papiere, auf denen diese Kredite - und alle anderen Vermögenswerte - ausgewiesen werden.
Zu Beginn des Jahrzehnts gab es etwa 100 Billionen Dollar in Wertpapieren, die weltweit greifbare Werte repräsentierten wie Grundstücke, Immobilien und Patente. Daneben gab es noch etwa 170 Billionen Dollar in Hypotheken, Aktien und Anleihen. Seitdem aber haben uns aggressive Finanziers nach Schätzungen der Internationalen Bank für Zahlungsausgleich eine Billiarde in neuen Derivaten beschert (mit Immobilien besicherte Anleihen, forderungsbesicherte Wertpapiere und Credit Default Swaps), die den Markt überschwemmt haben.
Diese Derivate sind der Grund für die Kreditkrise. Im Gegensatz zu anderen Wertpapieren, müssen Derivate nicht erfasst und durchgängig an die Güter gebunden werden, die sie repräsentieren. Niemand weiß genau, um wie viele Güter es sich handelt, wo sie sich befinden und wer letztendlich für sie verantwortlich ist. Demzufolge herrscht allgemein die Befürchtung, dass potentielle Kreditnehmer und Kapitalempfänger mit einem übermäßigen Anteil an Not leidenden Derivaten nicht in der Lage sein werden, ihre Kredite zurückzuzahlen. So bröckelt das Vertrauen in die Wertpapiere. Das setzt eine Kettenreaktion in Gang, die Kredite und Investitionen lähmt, Transaktionen verhindert und zu einem katastrophalen Anstieg der Arbeitslosenzahl und einem drastischen Verfall der Vermögenswerte führt.
Innerhalb der letzten 200 Jahre ist unser Rechtssystem derart gereift, dass es mittlerweile einen globalen Konsens gibt über Vorgehensweisen, Richtlinien und Prinzipien, nach denen Informationen über Wertpapiere dokumentiert werden, so dass jeder sie einfach nachvollziehen kann.
Das Ergebnis ist ein beeindruckender Apparat mit Regeln und Mechanismen, der jene Informationen dokumentiert, die es uns erlauben, all unsere Besitztümer - von Aktien bis zu Drehbüchern - zu transferieren, umzuwandeln, zu behalten oder einzusetzen. Die einzigen Wertpapiere, die ein Besitztum repräsentieren, das nicht zentral erfasst und zurückverfolgbar gemacht wird, sind Derivate.
Bei der Erfassung der Daten über Vermögenswerte geht es nicht nur um eine Reihe von Normen. Vielmehr handelt es sich hier um ein riesiges Informationssystem, das Rohdaten verarbeitet und in überprüfbare Fakten umwandelt, wodurch einer der Hauptauslöser für Rezessionen und Markteinbrüche wirkungslos wird: Undurchsichtigkeit und Uneindeutigkeit. Um Derivate gesetzlich zu regulieren, sollten Regierungen sich an die folgenden sechs Richtlinien halten, die geeignet sind, den Wert und die Legitimierung jedes Papiers zu garantieren, das einen Wertgegenstand repräsentieren sol
I. Alle Dokumente und die Gegenstände und Transaktionen, die sie repräsentieren oder von denen sie derivieren, müssen in öffentlich zugänglichen Registern erfasst werden.
II. Die Gesetzgebung muss die "Nebenwirkungen" aller finanziellen Transaktionen gemäß dem Rechtsprinzip erga omnes ("gegen alle") berücksichtigen, das ursprünglich entwickelt wurde, um Dritte vor den negativen Auswirkungen von geheimen Transaktionen der Aristokratie zu schützen.
III. Jede finanzielle Transaktion muss fest an den realen Wert des Gegenstandes geknüpft sein, um den es geht. Indem man die Kredite auf die Wertgegenstände abstimmt, schafft man einfach zu lesende Richtwerte, die uns helfen zu bestimmen, ob eine Transaktion dazu dient, die Produktion anzukurbeln oder eine Spekulation darstellt auf die Leistung eines entfernten "Basisobjekts".
IV. Die Regierung sollte bedenken, dass die Produktion stets Priorität gegenüber dem Finanzkapital hat.
V. Anlagegegenstände können mit Fremdkapital gefördert, umgewandelt, zusammengelegt, neu verpackt und in beliebig viele Tranchen aufgeteilt werden, solange die Absicht darin besteht, den Wert zu steigern.
VI. Die Regierung muss dafür sorgen, dass beim Entwurf von Transaktions-Verträgen auf den Gebrauch einer absichtlich verwirrenden Sprache verzichtet wird. Klarheit und Präzision auf dem Papier sind bei der Schaffung von Kredit und Kapital unerlässlich.
Vor allem müssen die Regierungen sich von der Vorstellung befreien, dass sich die Dinge auf dem existierenden Markt letztendlich von selbst regeln. "Lassen wir den Markt arbeiten", bedeutet inzwischen nichts anderes als "Lassen wir die Schattenwirtschaft arbeiten." Die Hauptaufgabe der Regierung besteht nun darin, alle verseuchten Bereiche unter gesetzliche Aufsicht zu stellen.
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